Dieser Comic von Autor Max de Radiguès („Bastard“, „Simon & Louise“) und Zeichner Wauter Mannaert („Yasmina“) wirft einen gelungenen Blick auf den berühmten Tatort-Fotografen Arthur Fellig alias Weegee (1899–1968), der wirklich gelebt hat. Weegee düste in den 1930ern auf der Suche nach sensationslüsternen, titelseitentauglichen Tatortfotos durch das New York der europäischen Einwandererfamilien und war sich nicht zu schade, eine Leiche für ein besseres Bild auch mal zu verrücken, einen Tatort zu frisieren. Dabei träumte Weegee stets von Hollywood, Bildbänden und Star-Ruhm – und blieb, egal wie nahe er seinem Ziel kam, dann doch immer Weegee, der rasende Tatortfotograf mit dem großen Ego, der Künstlernatur und den überraschenden Seiten.
»Weegee – Serial Photogrpaher« ist ein ungewöhnlicher Noir-Comic, der davon lebt, dass die belgischen Künstler de Radiguès und Mannaert einem beim Lesen den Fotografen als Protagonisten trotz oder gerade wegen seiner Schwächen schnell sympathisch machen. Außerdem fangen sie das Melting-Pot-Feeling der Lower East Side im New York Ende der 1930er Seite für Seite sehr gut ein. Der Zeichenstil des schwarz-weißen Albums überbrückt derweil mühelos die Epochen und Kontinente, und das Ende zum Mitdenken weiß definitiv zu gefallen. Es werden sogar bekannte Fotos von Weegee verarbeitet, wie der Anhang des Bandes zeigt.
Von all den vielen Comic-Biografien, die momentan in die Läden gepumpt werden, ist dieser gut gewählte Bildausschnitt von Weegees beschwingtem Leben sicher eine der lesenswertesten, charmantesten und flottesten, die sich weit von der üblichen Biopic-Formel fernhält – und ein Noir-Comic, den man zwischen Cooke und Marini dieses Jahr vielleicht nicht als solchen auf dem Zettel hatte.
Ach ja: De Radiguès‘ sommerliches Coming-of-Age-Einzelwerk »Simon & Louise«, das er geschrieben und gezeichnet hat, ist übrigens auch wieder stärker als die letzten Bände von »Stig & Tilde«.