Kein anderer Schriftsteller wird so sehr mit dem Herbst, dem Oktober und mit Halloween assoziiert wie der große Ray Bradbury (1920-2012). Kein Wunder, wenn man allein nur an »Something Wicked This Way Comes« aus dem Jahre 1962 denkt, das deutschsprachige Leser, frei nach Shakespeare, als »Das Böse kommt auf leisen Sohlen« kennen.
In diesem ebenso schönen wie melancholischen und schaurigen Roman aus Bradburys umfangreichem Schaffen geht es um die dreizehnjährigen Jungs Jim und Will und ihre Konfrontation mit dem Bösen. Denn als eines Nachts im Oktober um drei Uhr ein Zirkus in die US-Kleinstadt Green Town kommt, merken die beiden grundverschiedenen Freunde sofort, dass damit die Dunkelheit Einzug in ihre Heimat gehalten hat – und gehen mehr oder weniger auf Konfrontationskurs mit den verdächtigen Schaustellern, den finsteren Verlockungen und dem unfassbaren Übernatürlichen …
Die frisch erschienene Neuausgabe von Bradburys sprachlich gewohnt überschwänglichem Klassiker im Aladin Verlag folgt Norbert Wölfls bewährter Diogenes-Übersetzung von 1981. Brandneu sind dagegen die schwarz-weißen Illustrationen von Reinhard Kleist, die den Einband und die Innenseiten des großen hübschen Hardcovers schmücken. Der deutsche Comic-Star (»Cash: I See Darkness« und ganz aktuell: »Nick Cave: Mercy On Me«) las im Alter von vierzehn Jahren erstmals etwas von Bradbury, was für ihn eine unvergessliche Erfahrung darstellte. Kleists Kapitelgrafiken und seine ganzseitigen Illustrationen dürfen als echter Zugewinn dieses poetischen Evergreens der unheimlichen Fantastik betrachtet werden. Als Insider hat der 1970 geborene Wahlberliner Wills Vater Charles vom Aussehen her auf seinen Zeichnungen sogar Ray Bradbury nachempfunden.
Bleibt lediglich die Frage, ob diese bebilderte Ausgabe von »Das Böse kommt auf leisen Sohlen« nun der perfekte Buchtipp für Halloween ist, oder für Weihnachten. In jedem Fall mal wieder ein Buch aus der Kategorie: Zum Selberschenken, Wiederlesen, Verschenken und Entdecken.