Neil Gaiman: American Gods (Director’s Cut)

Normalerweise schreibe ich ja anders über Bücher, aber in diesem Fall muss mal eine kleine Ausnahme her und auch erzählt werden, was beim Lesen so alles für persönliche Erkenntnisse lauerten … 

American Gods, Director's Cut, Eichborn 2015
American Gods – Director’s Cut, Eichborn 2015

Neil Gaimans preisgekrönter Fantasy-Roman »American Gods« – die Geschichte von Shadow, Odin und dem Krieg zwischen den Götter-Immigranten und den Neuzeit-Göttern Amerikas – ist kürzlich als Director’s Cut-Neuausgabe in der Komplett-Neuübersetzung von Hannes Riffel erschienen.

Und das ist schon erstaunlich und auch ein bisschen bedenklich: Während der Lektüre der Langfassung bin ich einige Male stirnrunzelnd zum Regal gelatscht, um das Gelesene mit der gut zehn Jahre alten  (und vor gut zehn Jahren gelesenen) Heyne-Fassung zu vergleichen, da ich sicher war, eine neue Szene gelesen zu haben, die in der alten Version des Buches nicht enthalten war. Aber ich werde einfach nur alt, denn natürlich war jede dieser Szenen auch schon in der früheren Fassung enthalten …

Ansonsten ist »American Gods« nach wie vor ein Werk mit vielen tollen Ideen und Szenen und Dialogen, aber nach wie vor auch ein bisschen zu elitär und träge – und durch den Mehrumfang von 12.000 Wörtern ist der Roman auch nicht gerade flotter geworden. Außerdem lässt es den typischen Gaiman-Sound, den ich in den letzten Jahren so lieb gewonnen habe, oftmals vermissen.

Ich denke nicht, dass ich »American Gods« – egal in welcher Fassung – ein drittes Mal lesen werde (Bücher noch mal lesen ist, auch bei echten Lieblingsbüchern, inzwischen eh ein Luxus, der fast nicht mehr geht, und wenn, dann hätten das eigentlich die Scheibenwelt-Romane von Sir Terry verdient, und auch der Anhalter von Adams mal wieder); und der Roman konnte sich auch nicht weiter nach vorne schieben in der Liste der Gaiman-Lieblinge, die prosatechnisch weiterhin von den überragenden Kurzgeschichtensammlungen, »Das Graveyard-Buch«, »Der Sternwanderer«, »Der Ozean am Ende der Straße« und »Niemalsland« angeführt wird.

So, genug auf hohem Niveau gejammert – wer das Buch nicht kennt, sollte trotzdem mal reinschauen, denn es ist sicherlich eines der wichtigeren Werke moderner, zeitgenössischer Fantastik.